Segeln von Cherbourg nach Enkhuizen 2001

Sonnabend, erster Tag: es geht nach Cherbourg!

Wir waren aufgeregt, unausgeschlafen und hungrig. Wir frühstückten im Waggon auf dem Bahnhof. Den Proviant für uns beide hatte Eva reichlich und lecker vorbereitet.
Der Zug füllte sich zusehends. Wir waren froh, für die gesamte Reise reservierte Plätze zu haben.
Bei einem guten Kaffee und Apfelgebäck, zog die Landschaft an uns vorbei doch wir dachten nur an die Segelfahrt. Ich war gespannt, ob wir den Anschluß-Zug bekommen würden und wie sich das Wetter entwickeln würde.

In Paris angekommen stiegen wir ohne Hast direkt in die Metro. Der klimatisierte Thalys hatte uns die Hitze vergessen lassen. Mit der Linie E waren wir schnell bei unserem Anschluß-Zug. Die Strecke nach Cherbourg war weniger bequem, doch wir freuten uns auf die 'Jantje' - Wie es wohl sein würde, auf so einer Schoenerbrik?

Die 'Jantje' lag schon im Aussenhafen, was hatte der Skipper vor? An Bord begrüßten uns schon zwanzig neugierige Augen. Wir wurden freundlich empfangen und bekamen erst einmal zur Begrüßung ein Bier angeboten, das wir dankbar annahmen.

Die Crew:
Skipper Harry Müter, seine Frau Marian, Wouter (Maat), Volkmar, Kees, Boris, Eva, Michel, Simone, Scott, Ernest, Katja, Graham, Arjen, Heike

Nachdem wir ein paar Worte gewechselt hatten, bezogen wir unsere Kabine. Vom Steuerstand aus beobachteten wir, wie scheinbar die Hafenmauer wuchs. Eine Tide von mehr als fünf Metern! Die Hafenmeisterei konnte Harry Müter, der Skipper, beruhigen. An dieser Stelle ist der Hafen für die 'Jantje' tief genug.

Nach dem Abendessen warteten wir noch auf einen Crew-Man, der sich per E-mail angemeldet hatte, dann aber auch per Telefon nicht erreichbar war. Gegen zehn legten wir ohne Ihn ab.

Eva und ich hatten von 2300 h bis 0200 h Wache. Die Sicht war sehr gut. Das Steuer der 'Jantje' war natürlich sehr gewöhnungsbedürftig, da es indirekt das Ruder anlenkt.

Wir motoren mangels Wind und weil es Nacht ist Richtung Boulderbank mit guten sechs Knoten.

Sonntag, zweiter Tag: von Boulder Bank nach New Haven

Als wir aufstehen, hält die 'Jantje' Kurs 025° bei sechs Knoten.
Vor Portsmouth entscheidet sich die Crew nicht in den Hafen zu fahren, sondern direkt weiter zu segeln. Das Wetter ist so gut und wir wollen alle segeln. Wind aus Nord-Ost lässt uns hoch am Wind segeln. Der neue Kurs: 090°. Wir setzen fast alle Segel: Klüver I, II, III, Rah II, III, beide Zwischenstagsegel, das Gaffelsegel und das Gaffeltopsegel. Dann wird die Angelleine ausgebracht und wir fangen Makrelen!

Gegen Mittag geht es ohne Rahsegel weiter. Wir werfen den Motor an. Der erwartete Wind aus Westen oder Norden kommt einfach nicht auf! Hoffentlich kommen wir am Freitag in Enkhuizen an. Es beginnt bei Little Hampton zu regnen, wir setzen das II.te Rahsegel und machen den Motor wieder aus. Typisch englisches Wetter...

Das Wetter wird gegen 1500 h besser und wir setzen einen neuen Kurs auf Brighton an (045°). Die Piers kommen in Sicht.

Gegen 1600 h sind wir auf 050'47''N 000'19''W mit einer Fahrt von 7 Knoten über Grund.

Gegen 2100 h liegen wir vor New Haven vor Anker. Eine sternenklare Nacht verspricht einen sonnigen Montag.

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Montag, dritter Tag: von New Haven zum EuroTunnel

Um 0800 h wird der Anker wieder eingeholt. Sonniges Wetter mit
3 bis 4 Beaufort aus Ost bringt uns nur langsam voran. Kurs 074°. An die Verpflegung kann ich mich sehr gut gewöhnen, Eva 'klagt' immer lauter, das es alles ein bisschen viel sei.
Frühstück, Snack, Lunch, Suppe, Snack, Abendessen, alles so lecker und so viel... Wir werden Marian einfach mit nach Hause nehmen, oder nie wieder von Bord gehen.
Die Stimmung ist sehr gut, wir klettern immer schneller in die Wanten und die vielen Fallen und Schoten zum brassen der Rahsegel werden uns langsam vertrauter.

Nachdem wir einige Zeit gegen den Wind gekreuzt sind, was mit diesem Rigg etwas länger braucht, fahren wir schließlich einen Kurs von 090° als Dover in Sicht kommt.

Gegen 2100 h ist die Sonne schon untergegangen und wir sehen die Lichtscheine des EuroTunnels an den Küsten. Unsere Wache beginnt um 0500 h und so gehen wir gegen elf ins Bett, der Tag war anstrengend..

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Vor Oostende

 

Dienstag, vierter Tag: nach Oostende

0500 h, gute Sicht - Sternenhimmel. Bei gutem Wetter sehen wir die beleuchtete Küste von Belgien, Oostende kommt nach einer Weile in Sicht, die Fähren und Schiffe um uns herum, wie im Lehrbuch, teilweise und ganz sicher sehr lehrreich, wie schnell sie sind!!
0800 h Wachwechsel Wir erreichen Oostende Hafen und begegnen in der Schleuse 'H.M.S. Vindictive', oder besser gesagt dem Bug des Schiffes, das am 23. April 1918 half den Hafen von Zeebrugge unbrauchbar zu machen.

Im Hafen legen wir an, um uns dort ein wenig umzuschauen. Abends sind wir bis weit nach Mitternacht bei interessanten Gespächen in einer schönen Bar gewesen.

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Mittwoch, fünfter Tag: Richtung Ijmuiden

Der Wind kommt beständig von Ost. Das Wetter ist gut und sehr sonnig. Vor Oostende setzen wir Klüver I, II, III, beide Zwischenstagsegel, Gaffel, dann die Rahsegel II, III und zuletzt das Gaffeltopsegel. Kurs 025°. Gegen 1300 h bekommen wir über Funk die Warnung: Minensprengung. Vermutlich das Minenboot, das uns am Morgen schon begegnet war.

1400 h die Rahsegel werden geborgen, wir können nur mit Motorunterstützung gegenan.
1600 h alle Klüver werden geborgen
1830 h wir behalten das Gaffelsegel oben, Kursänderung auf Ost. Unsere Wache beginnt um 0500 h doch nach dem wunderbaren Abendessen fallen wir in die Kojen und werden erst gegen 0100 h wieder munter Den Haag auf Steuerbord, Scheveningen voraus.

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Donnerstag, sechster Tag: Ijmuiden, Amsterdam, Enkhuizen

0500 h Kaum auf Deck sehen wir schon: Ijmuiden ist schon voraus! Die Einfahrt ist schon gut zu erkennen und gerade rechtzeitig zum Schleusen werden immer mehr Crews wach.

Ein wunderschöner Sonnenaufgang über der Küste!

0630 h erreichen wir den Nordseekanal und warten am Kai.
0830 h Die Schleuse hat uns vor einer halben Stunde eingelassen, wir werden aber kurz danach vom ZOLL angefunkt. Zoll kommt an Bord. Alle müssen die Kajüten verlassen. Die armen Wachen, die erst vor wenigen Stunden eingeschlummert sind! Die schwarze Gang ist unerbittlich und flott werden alle unsere Kojen und Taschen durchsucht. 'DA' an jeder Kajüte, die gecheckt wurde. So schnell sie gekommen sind, so schnell sind wir sie wieder los. Ohne was gefunden zu haben. Nicht jedesmal wird die 'Jantje' kontrolliert, doch nun waren wir eben dran.

0930 h wir passieren Amsterdam.
1030 h alle Segel gesetzt liegen wir in einer Flaute. Totale Windstille. Der wunderschöne Horizont und die Küste werden unwirklich von der spiegelglatten See reflektiert. Die ersten Sonnenbrände werden sichtbar. Wir kühlen unsere Kehlen ausnahmsweise mit einem Bier.

Nach guten zwei Stunden werfen wir die Maschine entnervt wieder an und bergen alle Segel. Was für ein Tag. Motoren ist noch anstrengender als segeln.

Gegen 1930 h erreichen wir den Hafen von Enkhuizen. Der Festungsturm begrüßt uns in der Abendsonne...

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Freitag, siebter Tag: Enkhuizen

0800 h Gestern haben wir noch gemütlich beieinander gesessen und wunderbar gegessen. Heute werden die Sachen gepackt, das Deck wird aufgeklart, geschrubbt und alle Bänke gewischt. Die Salzkristalle, die sich in dieser Woche immer wieder auf Deck angesammelt haben und unsere braungebrannte Haut sind die letzten Spuren unserer Unternehmung. Die Schiffsglocke hat Kees schon in Ijmuiden poliert.

Gegen Mittag verabschieden wir und schiffen aus. Harry meldet sich beim Vercharterer mit den Unterlagen und Formalia zurück. Wir fahren vom nahe gelegenen Bahnhof wieder nach Hause.

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Fazit